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Wasserkraft in Deutschland – Energiegewinnung mit Tradition

Wasserkraft ist eine der ältesten regenerativen Energiequellen der Welt und bei der Stromgewinnung hinter Kohle und Erdgas auch die wichtigste Energiequelle weltweit. Im Jahr 2020 lieferte die Wasserkraft 16 Prozent des Weltbedarfes an elektrischer Energie und rund 58 Prozent der gesamten Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen, die wiederum fast 8 Prozent des Weltstrombedarfes deckten.

Mit Wasserkraft wird in Deutschland fast ausschließlich elektrischer Strom erzeugt: Nachdem die Stromerzeugung wegen der extremen Trockenheit im Jahr 2018 einen sehr niedrigen Wert aufgewiesen hatte, konnte in den Jahren 2019 und 2020 wieder zwischen 3 bis 3,5 Prozent des in Deutschland erzeugten Bruttostroms aus Wasserkraft gewonnen werden, also im Vergleich zu 2018 ein Plus von ca. 12 Prozent. (Quelle: BMWI)

Wasserkraft ist nur geringen Schwankungen unterworfen und kann daher Grundlaststrom bereitstellen. Die Kraftwerke können bei Überkapazitäten Strom speichern oder auch Spitzenlaststrom erzeugen. Damit trägt die Wasserkraft zu einer zuverlässigen, konstanten Stromeinspeisung im Bereich Erneuerbarer Energien bei. Strom aus 100 % Wasserkraft ist dann eben auch echter Ökostrom!

Wie wird Strom aus Wasserkraft erzeugt?

Wie kann man aus Wasser Energie gewinnen? Die Bewegungsenergie (kinetische Energie) des Wassers wird in einem Wasserkraftwerk zur Stromerzeugung umgewandelt: Das Wasser setzt eine Turbine im Inneren des Kraftwerks in Gang. Die Turbine beginnt sich unter dem Druck des Wassers zu drehen und gibt ihre Bewegungsenergie an einen Generator weiter. Dieser Generator erzeugt dann elektrische Energie oder, einfacher ausgedrückt, Strom.

Und welche Arten von Wasserkraftwerken gibt es?
Zunächst einmal unterscheidet man zwischen Laufwasser- und Speicherwasser-Kraftwerken: Beim Laufwasserkraftwerk wird die zur Verfügung stehende Energie des Wassers kontinuierlich zur Stromerzeugung genutzt, beim Speicherkraftwerk nach Bedarf. Alle Laufwasserkraftwerke zusammen erbringen hierzulande eine Leistung von ca. 2,6 GW. Das entspricht ungefähr der Leistung von vier großen Kohlekraftwerken. Man kann Wasserkraftwerke auch nach der Fallhöhe des Wassers unterscheiden: bis ca. 25 m spricht man von Niederdruckkraftwerken, bis 100 m von Mitteldruckkraftwerken und bei über 100 m von Hochdruckkraftwerken.

  • Laufwasserkraftwerke: Laufwasserkraftwerke (oder auch Flusskraftwerke) gehören zu den sog. Niederdruckkraftwerken: Die Fallhöhe des Wassers ist hier recht niedrig und sie wandeln großen Flusswassermassen um. Sie sind kontinuierlich, also rund um die Uhr, in Betrieb und tragen zuverlässig zur Grundlastversorgung bei. Die größten Laufwasserkraftwerke in Deutschland befinden sich an Rhein, Mosel, Donau, Iller, Lech, Isar und Inn.
  • Speicherkraftwerke: Speicherwasser-Kraftwerke zählen zu den Mittel- oder Hochdruckanlagen, da das Wasser meist aus großer Höhe (bis 1000 m) aus einem Speichersee über eine Druckrohrleitung zum Kraftwerk stürzt, z. B. durch eine Talsperre, die einen Bach oder Fluss aufstaut. Speicherkraftwerke laufen in der Regel nicht im Dauerbetrieb, sondern nur zur Abdeckung der Spitzenlast. Man nennt sie deshalb auch Spitzenleistungskraftwerke. Sie können innerhalb von Minuten in Betrieb genommen werden, wenn gerade besonders viel Strom benötigt wird. Eines der größten und bekanntesten deutschen Speicherkraftwerke liegt in Kochel am See.
  • Pumpspeicherkraftwerke: Beim Pumpspeicher-Kraftwerk verwendet man überschüssige elektrische Energie, die gerade nicht benötigt wird, zum Hochpumpen des Wassers von einem niedrigen zu einem höhergelegenen Speicherbecken. Wenn dann viel Strom benötigt wird, schaltet man die Turbinen ein und verwandelt die potentielle Energie des hochgepumpten Wassers wieder in Strom. Pumpspeicherkraftwerke nehmen also in nachfrageschwachen Zeiten ein Überangebot von elektrischer Energie im Stromnetz auf und geben sie bei Spitzenlast wieder ins Netz ab – und können dies auch in großem Maßstab tun.
  • Gezeitenkraftwerke: Gezeiten-Kraftwerke werden an Meeresbuchten und in Flussmündungen erreichtet, die eine besonders hohe Differenz zwischen Hoch- und Niedrigwasserstand (Tidenhub) haben. Die Rotoren werden durch die Bewegung des Wassers, durch Ebbe und Flut, angetrieben. Bei Ebbe fließt das Wasser in die umgekehrte Richtung und treibt die Turbinen erneut an. Dabei staut man das auflaufende oder abfließende Wasser solange auf, bis vor und hinter der Staumauer eine bestimmte Höhendifferenz im Wasserstand erreicht ist, und lässt dann das Wasser durch die Turbinen fließen. Da Gezeitenkraftwerke ihre Energie der Erddrehung (Rotationsenergie) mit Hilfe der Anziehungskraft von Mond und Sonne entnehmen, verschiebt sich ihre maximale Leistungsfähigkeit täglich mit dem Rhythmus der Gezeiten um etwa 50 Minuten. Auch sind nur an wenigen Stellen die natürlichen Voraussetzungen für ein solches Kraftwerk vorhanden. Derzeit gibt es in Deutschland kein kommerzielles Gezeitenkraftwerk. Vor der Küste Schottlands wurde 2021 ein mobiles Gezeitenkraftwerk in Betrieb genommen − als Ergänzung zu Solarenergie und Windenergie. Ausblick: Für die (globale) Energiewende werden solche Anlagen wohl eher eine sehr kleine Rolle spielen.
  • Wellenkraftwerke: Wenn es gelingt, die enorme Energiemenge, die in der kontinuierlichen Wellenbewegung des Meeres steckt, nutzbar zu machen, wäre das ein große Schritt im Bereich Erneuerbarer Energien. Die Entwicklung von Wellenkraftwerken bzw. entsprechenden Nutzungsverfahren steht jedoch noch am Anfang und gestaltet sich derzeit eher schwierig. Zudem ist die Errichtung eines Wellenkraftwerks auch nur an dafür geeigneten Küsten sinnvoll, z. B. in England, Norwegen, Frankreich oder Dänemark.

Wie viele Wasserkraftwerke gibt es in Deutschland?

In Deutschland wird zwischen kleinen und großen Wasserkraftanlagen unterschieden. Der Kraftwerksbestand in Deutschland wird – im Gegensatz zum Rest Europas – dabei von Kleinwasserkraftanlagen beherrscht, also von Anlagen mit einer Leistung von unter 1 Megawatt. Dennoch erzeugen die wenigen großen Anlagen hierzulande weit über 80 Prozent des Stroms aus Wasserkraft. In Deutschland gibt es (noch) kein zentrales Register für Wasserkraftanlagen. Daher ist es nicht möglich, die genaue Zahl der Wasserkraftanlagen, besonders der vielen kleinen und kleinsten Wasserkraftanlegen, in Deutschland zu nennen. Dennoch besagen die aktuellsten Schätzungen (Stand 2020/2021), dass es in Deutschland rund 7.300 Wasserkraftanlagen gibt. Diese verfügen zusammen über eine installierte Leistung von etwa 5.600 Megawatt. Davon erbringen 6.900 Anlagen eine installierte Leistung von unter 1 Megawatt und gelten daher als Kleinwasserkraftanlagen. Der durch Kleinwasserkraft beigetragene Anteil an der Stromproduktion beträgt etwa 14 Prozent, der Großteil der Stromerzeugung wird von Anlagen mit einem Leistungsvermögen von über 1 Megawatt erzeugt. Insgesamt 7.100 der 7.300 Wasserkraftanlagen erhalten eine Vergütung nach dem EEG, rund 5.300 davon sind Kleinwasserkraftwerke. Auf Bundesebene gibt es insgesamt 31 Pumpspeicherwerke, von denen aktuell 28 in Betrieb sind.

(Quelle: Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) e.V.)

Die größten Potenziale zur Nutzung der Wasserkraft in Deutschland:

Das Potenzial zur Nutzung von Wasserkraft ist in den südlichen Bundesländern am größten: in den gefällereichen Regionen der Mittelgebirge, der Voralpen und Alpen sowie an allen größeren Flüssen. Über 80 Prozent des Wasserkraftstroms werden daher in Bayern und Baden-Württemberg erzeugt. Rund 86 Prozent des sog. "Regelarbeitsvermögens" (RAV) der großen Wasserkraftanlagen liegt an nur neun großen Flüssen: Inn, Rhein, Donau, Isar, Lech, Mosel, Main, Neckar und Iller.

Vorteile und Nachteile von Wasserkraft

Einige der größten Vorteile von Wasserkraft:

  • Es entstehen keine CO2-Emission im laufenden Betrieb
  • Stromerzeugung durch Wasserkraft ist wetter- und zeitunabhängig.
  • Durch Wasserkraft erzeugte Energie kann gut geregelt bzw. gespeichert werden.
  • Wasserkraftwerke können vor Überschwemmungen schützen bzw. sind in den Hochwasserschutz eingebunden und dienen oft auch als Trinkwasser-Reservoire.


    Einige der größten Nachteile von Wasserkraft:

  • Enormer Flächenverbrauch durch Stauraum, Umsiedlungen, Überflutung von Kulturgütern.
  • Ökologische Auswirkungen auf Flora und Fauna oft nicht vorhersehbar oder zu groß.
  • Zerstörung natürlicher Fließgewässer und ggf. großer zusätzlicher Bauaufwand (z. B. für Fischtreppen).
  • Grundwasserhaushalt kann durch absinken, ansteigen und Verunreinigung gestört werden.

Bedeutung der Wasserkraft in Europa und weltweit

Die Wasserkraft zählt global zu den bedeutendsten und am intensivsten genutzten erneuerbaren Energiequellen. Zwar verzeichnet die Windkraft weltweit den größten Zuwachs, doch es werden vor allem in China, der Türkei, Vietnam, Brasilien und Russland immer mehr Wasserkraftprojekte realisiert. In Europa sind die geografischen Voraussetzung in Norwegen und Island besonders für die Nutzung der Wasserkraft geeignet. Diese Länder decken auch tatsächlich fast ihren gesamten Strombedarf aus Wasserkraft. Luxemburg, Österreich, Italien, die Schweiz sowie Schweden erzeugen immerhin über die Hälfte des Stroms aus Wasserkraft.

Übrigens: Die meisten deutschen Stromtarife nutzen die norwegischen Wasserkraftanlagen für ihre Herkunftsnachweise.

Top 10 der Länder, die aktuell am meisten Elektrizität aus Wasserkraft produzierten:

  • China
  • Brasilien
  • Kanada
  • USA
  • Russland
  • Indien
  • Norwegen
  • Türkei
  • Japan
  • Schweden


    (Quelle: Capital, Diese Länder produzieren am meisten Strom aus Wasserkraft, 13. November 2020)

Wasserkraftpotential global betrachtet

Wasserkraft galt stets als besonders verlässlich und flexibel unter den Erneuerbaren Energien. Doch längere Dürreperioden, Starkregen und die Folgeschäden durch Überflutungen dämpfen die Euphorie. So wurden im März 2019 in Malawi zwei große Wasserkraftwerke durch Überschwemmungen nach einem Zyklon beschädigt und die Stromversorgung brach in Teilen des Landes für mehrere Tage zusammen. Was bedeutet der Klimawandel also für die Zukunft von Wasserkraftwerken und diese Form der Energiegewinnung?

Brasilien kämpft in entscheidenden Gebieten seit Jahren mit zu niedrigem Wasserstand und langanhaltender, schwerer Trockenheit. Im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre sind die Pegel in den Stauseen im Zentrum und im Süden Brasiliens um mehr als die Hälfte gesunken und derzeit nur noch knapp zu einem Drittel mit Wasser gefüllt. Da Brasilien weit über die Hälfte des Stroms aus der Wasserkraft bezieht, könnte das Land gezwungen sein, bald wieder verstärkt auf fossile Brennstoffe wie Erdgas zurückzugreifen. Keine guten Aussichten in Zeiten des Klimawandels und eher eine Verstärkung des Grundproblems.

Ein anderes Beispiel aus den USA zeigt ebenfalls die enormen Auswirkungen von immer häufiger auftretenden Extremwetterphänomenen: In der Nähe von Las Vegas staut der Hoover-Damm den Colorado River und versorgt mehr als 140 Millionen US-Bürger mit Wasser. Doch dieser gigantische Stausee ist derzeit gerade einmal zu einem Drittel mit Wasser gefüllt. Die Folge: Das dazugehörige Wasserkraftwerkproduzierte im Juli 2021 rund ein Viertel weniger Strom als gewohnt.

In afrikanischen Ländern wie Malawi, der Demokratischen Republik Kongo, Äthiopien, Mosambik, Uganda und Sambia liegt der Anteil der Wasserkraft an der Stromerzeugung laut der Internationalen Energie Agentur (IEA) sogar bei über 80 Prozent. In Afrika wurden Ende 2019 rund 17 Prozent des Stroms aus Wasserkraft erzeugt, Prognosen zufolge soll der Anteil bis 2040 auf mehr als 23 Prozent ansteigen. Doch wie sich die Zukunft der Wasserkraft für Afrika aussehen könnte und wie die möglichen Auswirkungen des Klimawandels darauf Einfluss nehmen, wurde bisher noch nicht oder nicht ausreichend genug untersucht.

(Quelle: DW, Klimawandel: Welche Zukunft hat die Wasserkraft?, 07.09.2021)

Die Zukunft der Wasserkraft in Deutschland

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gab im Jahr 2010 eine umfassende Potenzialanalyse für den Ausbau der Wasserkraftnutzung in Deutschland in Auftrag. Demnach werden von dem bestehenden Potenzial der Energiegewinnung aus Wasserkraft bereits etwa 80 Prozent genutzt. Das zusätzlich erschließbare Potential beträgt etwa fünf Terawattstunden und wäre hauptsächlich durch die Optimierung, Modernisierung oder die Reaktivierung von bereits bestehenden Wasserkraftanlagen möglich.

Fazit: Die vorhandenen Möglichkeiten in Deutschland für die Wasserkraftnutzung zur Energiegewinnung werden im Wesentlichen bereits genutzt und wurden weitgehend erschlossen.